Seekajakfahren in Zeiten der Corona-Pandemie
In den letzten Monaten waren wir ja alle mehr oder wenig häuslich. So gut wie nichts ging mehr, auch Paddeln war nur sehr eingeschränkt möglich. Erst ab Mitte Mai traten die ersten Lockerungen ein und da hieß es natürlich für Seekajakfahrer wieder „See wir kommen!“. Wer war nicht froh, trotz zahlreicher noch bestehender Einschränkungen wieder los zu können. Fehlende Duschen, Mundschutz tragen und Voranmeldung in Restaurants waren da sicherlich nur kleinere Unannehmlichkeiten.
Darum ging es einen Tag vor Christi Himmelfahrt für Gabi, Alexandra und mich nach Fehmarn. Mein großes Familienzelt hat ja zwei Schlafkabinen und da wurde eine flugs zum Badezimmer umfunktioniert. Gab zwar am Strand auch noch eine kalte Aussendusche, aber die war doch arg herzerfrischend, wenn man keinen Trockenanzug mehr anhatte. Überhaupt, das Wetter war zwar ziemlich windstill, aber durchweg kühl. So konnten wir in den ersten zwei Tagen einmal um die nördliche und einmal um die südliche Spitze von Fehmarn paddeln.
Samstag stand dann Sightseeing in Burg auf dem Programm, Mittags im Restaurant Matjesfilet zwischen Plexiglasscheiben und Abends die langersehnten Wellen am Strand. Gabi und Alexandra konnten endlich in den Wellen surfen, was sie auch ausgiebig taten und dabei die Kitesurferszene vor dem Strand um ein paar Farbtupfer bereicherten.
Zwei Wochen später, direkt nach Pfingsten, fuhren Susanne und ich dann wieder Richtung Norden an die Schlei. Leider musste die geplante Dalslandtour in Mittelschweden wegen Corona ausfallen, darum ging es mit den Kajaks nach Angeln auf einen Zeltplatz etwas in der Mitte zwischen Schleimünde und Schleswig, in unmittelbarer Nähe zur Praxis des Landarztes (ja richtig, DEEER Landarzt!), in der heute ein Café ist.
Wir kamen bei warmen Frühsommerwetter an und mussten feststellen, dass wir einer aussterbenden Spezies angehören, den Zeltern. Außer wenigen, kleinen Zweipersonenzelten waren wir mit unserem Familienzelt tatsächlich die einzigen Zelter auf dem Zeltplatz. Alle anderen waren mit mehr oder weniger großen blechernen Eigenheimen angereist (inclusive SAT-Anlage und Faltgartenzaun).
Leider wurde das Wetter in den nächsten Tagen dann sehr wechselhaft (teilweise mit Schüttregen und Wind zwischen 4 und 5 bft). Wir konnten aber trotz Wind einige Ausflüge mit den Kajaks Richtung Schleswig und in die näheren Noore (d.s. die Buchten rechts und links der Schlei) machen, unterbrochen von einigen Fischbrötchenstopps. Besonders die Fischbude in Missunde verdient eine extra Erwähnung. Der Fisch war sehr gut, Fischplatte a la Hans Albers (Matjes für Canitoga!) und die beiden Inhaber waren echte Live-Comedians. Man fühlte sich richtig in eine „Flens“-Reklame versetzt. Oder in die Muppet-Show.
Um den immer noch sehr windigen Wetter ein Schnippchen zu schlagen fuhren wir am nächsten Tag ins Wikingermuseum Haithabu in Schleswig. Und natürlich zur Dorfkirche nach Hadeby, die vor über tausend Jahren vom Hl.Ansgar gegründet worden war. Das Museum war klein, aber sehr sehenswert. Die Wikinger waren mitnichten nur Rauf- und Trunkenbolde mit einem BMI über 30 wie die norwegische Comicfigur Hägar. Sie waren auch gute Diplomaten, Händler und Handwerker. Das Museum zeigte die Handelsrouten entlang von Ost- und Ladogasee nach Russland und entlang der englischen Küste (zugegeben, da haben sie auch ein bisschen geplündert und gebrandschatzt). Zum Abschluss ging es dann in Odins Biergarten. Offensichtlich war das Catering-Konzept in Walhalla so erfolgreich, dass man die Franchiserechte auch nach Midgard (die Erde) verkauft hatte. Zumindest die Preise waren eines Asen würdig. Der Käsekuchen allerdings auch. Außerdem vertraute uns eine der Walküren an, die dort kellnerte, dass es bezüglich des Wetters eine Absprache mit Odins Sohn Thor gab. Das Gewitter, dass über Schleswig drohte, blieb jedenfalls brav auf der anderen Seite der Schlei.
Die nächsten Tage zeigte sich das Wetter dann wieder von seiner besseren Seite. Wir konnten in die andere Richtung auf der Schlei bis zur Schleimündung und der Lotseninsel fahren. Auf der anderen Seite hatten wir den Blick frei zur architektonisch geschmackvollen Ferienanlage Damp2000. Sie fällt an der Küste kaum auf und fügt sich unauffällig in die Landschaft ein.
Am letzten Abend (genauer gesagt in der letzten Nacht) wartete dann noch ein abschließendes Abenteuer auf uns. An den nächtlichen Baulärm hatten wir uns ja mittlerweile gewöhnt (die Schleibrücke wurde gerade repariert). Aber in dieser Nacht gab es auf einmal ungewohntes Geraschel am Zelt. Natürlich war es die Aufgabe des Mannes, die andere Zeltinsassin zu beschützen. Es war dann aber kein wildes Untier (Wölfe und Bären sind an der Schlei schon länger ausgerottet), sondern ein harmloser Igel, der es sich in unserer Butterdose gemütlich gemacht hatte. Ich konnte ihn auch nicht dazu bewegen, seinen Standort im Interesse einer weiteren ungestörten Nachtruhe zu wechseln. Er tat das, was Igel so zu tun pflegen. Er igelte sich ein. Am nächsten Morgen war der Igel dann verschwunden, wahrscheinlich dick und rund von unserer Butter. Hoffentlich ist sie ihm bekommen, habe bei Tante WIKI gelesen, dass Igel laktoseintolerant seien. Die restliche Butter haben wir dann weggeworfen
Text: Ansgar B.